Unter Einsamkeit versteht man das subjektive, negative Gefühl einer Diskrepanz der gewünschten und tatsächlichen sozialen Beziehungen. Dabei ist die Qualität der sozialen Beziehungen wichtiger als die Quantität. Die Einsamkeit ist von sozialer Isolation und Alleinsein abzugrenzen.
Gesundheitliche Folgen von Einsamkeit
Länger dauernde Einsamkeit, auch der häufig damit verbundene Lebensstil stellen ein Gesundheitsrisiko dar, die Folgen unterscheiden sich jedoch je nach Altersgruppe. Unter alten und hochaltrigen Personen kann Einsamkeit die Entwicklung einer Demenz begünstigen. Sind Menschen im frühen oder mittleren Erwachsenenalter einsam, erhöht dies das Risiko einer psychischen Krankheit wie einer Angststörung oder einer Depression. Einsame jüngere Menschen berichten über eine erhöhte Nervosität sowie Schlafprobleme. Außerdem haben jüngere, einsame Personen im erwerbsfähigen Alter mehr Schwierigkeiten, einen passenden Beruf zu finden und sind häufiger arbeitslos. Depressionen sind Risikofaktor für und können Folge von Einsamkeit sein. Aufgrund der engen Verbindung von Einsamkeit und Depression, berichten einsame Menschen häufiger von Suizidgedanken. Internationale Studien zeigen, dass Menschen mit psychischen Störungen häufiger einsam sind als die allgemeine Bevölkerung und dass psychisch Erkrankte, die von Einsamkeit berichten, ungünstigere Krankheitsverläufe aufweisen als nicht einsame psychisch Kranke. Zudem kann sich chronische Einsamkeit in vielerlei Weise negativ auf das Wohlbefinden auswirken und beispielsweise mit Schlafstörungen und Angstzuständen einhergehen. Einsame Menschen weisen auch ein erhöhtes Risiko für verschiedene körperliche Erkrankungen und eine erhöhte Sterblichkeit auf, die mit der Risikoerhöhung durch z.B. Adipositas vergleichbar ist. So ist das Risiko für einen Schlaganfall und eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bei einsamen Menschen erhöht. Einer aktuellen Studie zufolge wirkt sich soziale Isolation auch auf die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt aus: sozial isolierte Menschen hatten nach einem Herzinfarkt ein 25 % höheres Sterblichkeitsrisiko. Darüber hinaus ist Einsamkeit mit einem schwächeren Immunsystem assoziiert und wird – bei allerdings noch heterogener Studienlage – sogar in Zusammenhang mit Krebserkrankungen gebracht. Einsame Menschen sind auch im Hinblick auf Suchtmittelkonsum (Alkohol, Cannabis, etc.) stärker gefährdet. Dabei kann Einsamkeit an sich gesundheitliche Folgen haben, da soziale Unterstützung und soziale Eingebundenheit als wesentliche Bedingungen von Gesundheit fehlen. Oft wirkt sich aber auch der damit einhergehende ungesunde Lebensstil oder die Lebenslage einsamer Menschen gesundheitlich negativ aus.
Ursachen und Risikogruppen
Als gesellschaftliche Ursachen für Einsamkeit werden beispielsweise veränderte Beziehungsstrukturen (“Individualisierung“), der demografische Wandel, die gestiegene räumliche und soziale Mobilität sowie der Anstieg unpersönlicher Kommunikationsformen durch die Digitalisierung (Digital Networks) gesehen.
Bekannte Risikofaktoren für Einsamkeit sind u. a. hohes Lebensalter, Arbeitslosigkeit, geringes Einkommen und Armut, Wohnsituation, Migrationshintergrund, Partnerlosigkeit, gesundheitliche Einschränkungen (physisch und psychisch) sowie soziale Isolation. Hinzu können Faktoren der individuellen Lebensführung kommen.
Ziel des Präventionsschwerpunkts
Übergeordnetes Ziel des Präventionsschwerpunkts ist, den gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit zu begegnen. Das Thema Einsamkeit soll entstigmatisiert und ein Bewusstsein und Kompetenz für die Vermeidung von Einsamkeit und deren gesundheitlichen Auswirkungen geschaffen werden. Durch geeignete Maßnahmen sollen Menschen befähigt werden, Einsamkeit zu vermeiden bzw. einen Weg aus der Einsamkeit finden.
Botschaften des Präventionsschwerpunkts
- Einsamkeit kann jeden treffen. Einsamkeit soll entstigmatisiert werden. Es ist wichtig, Einsamkeit bei sich und anderen zu erkennen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und mit anderen Personen darüber zu sprechen.
- Einsamkeit kann krank machen. Der mit Einsamkeit häufig einhergehende ungesunde Lebensstil soll bewusstgemacht und Informationen zu gesundheitsförderlichem Verhalten sollen angeboten werden. Dazu gehören zum Beispiel Strategien zur körperlichen Aktivität, gesunder Ernährung und Stressreduktion sowie einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol.
- Einsamkeit vermeiden, Einsamkeit überwinden. Damit es gar nicht erst soweit kommt, dass die Gesundheit als Folge von Einsamkeit beeinträchtigt wird, können vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden.
Eckdaten zur Einsamkeit in Bayern
In Bayern litten vor der Corona-Pandemie im Jahr 2017 2,3 % der Bevölkerung (sehr) häufig unter sehr starken Einsamkeitsgefühlen und ca. 30 % der Bevölkerung gab an, manchmal sehr starke Einsamkeitsgefühle zu verspüren. Dabei unterscheiden sich die Werte kaum von den bundesweiten Daten. Menschen ab 66 Jahren sind etwas stärker (3,5 %) als andere Altersgruppen von häufigen oder sehr häufigen Einsamkeitsgefühlen betroffen, die 26- bis 35-Jährigen etwas weniger (0,9 %). 28,8 % der Menschen ab 66 Jahren fühlen zumindest manchmal starke Einsamkeit, bei den 18- bis 25-Jährigen sind es 31,5 %. Einsamkeit kann über die gesamte Lebensspanne auftreten; sie steht häufig im Zusammen-hang mit Lebensübergängen. Frauen sind dabei etwas häufiger betroffen als Männer; Alleinlebende häufiger als Personen in Paarhaushalten und Partnerlose häufiger als Personen in einer Partnerschaft. Besonders hohe Einsamkeitsraten finden sich bei den arbeitslosen Personen und armen Menschen.
Der Einfluss der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen auf die Entstehung oder Verstärkung von Einsamkeit ist Gegenstand aktueller Studien. Ergebnisse der SOEP-CoV Studie und der NAKO Gesundheitsstudie (ehemals „Nationale Kohorte“) zeigen während des Lockdowns im Frühjahr 2020 einen starken Anstieg der Einsamkeit über alle Bevölkerungsgruppen hinweg im Vergleich zu Zeiten vor der Pandemie, wobei Frauen und junge Personen besonders betroffen waren. Eine Zusatzbefragung, die im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) im Juni und Juli 2020 durchgeführt wurde, berichtet bei den befragten 46- bis 90-Jährigen eine Einsamkeitsrate in Höhe von rund 14 %. Zwischen 2017 und 2020 ist demnach ein Anstieg der von Einsamkeit betroffenen Personen um rund 5 Prozentpunkte auf das 1,5-Fache zu beobachten. Für den geplanten Einsamkeitsbericht des StMGP wurden Sonderauswertungen des Sozioökonomischen Panels (SOEP) vorgenommen, die den starken Anstieg vor allem bei den Jüngeren auch für Bayern zeigen.